Raiffeisenbank Schwaben Mitte eG | Mitgliederzeitung 01/19
Portrait | Im Gespräch mit unserem Bau- und Verkehrsminister Dr. Hans Reichhart 9 darf nicht auf dem Rücken der Autofahrer ausgetragen werden, dass jetzt Wissenschaftler und die Bundespolitik über Grenzwer- te streiten. Wir in Bayern machen alles, um Fahrverbote zu ver- meiden und investieren in den nächsten Jahren über 400 Millio- nen Euro in Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Erst vor wenigen Wochen habe ich in Augsburg einen Förderbescheid für fünf neue Straßenbahnen übergeben, die wir aus diesem Topf bezuschussen. Die Pkw-Maut ist seit einigen Jahren in Planung, die Bevölke rung hat aber das Gefühl, dass es lange dauert, bis es konkret wird. Wie sehen Sie der Einführung der Maut entgegen? Mit der Pkw-Maut sorgen wir für mehr Gerechtigkeit auf unseren Straßen. Und ihre Einführung wird nun durchaus konkret: Zum Jahresanfang hat der zuständige Bundesverkehrsminister And- reas Scheuer ja bekannt gegeben, dass die Maut schon nächstes Jahr kommen wird. Auf den Straßen gibt es immer mehr Verkehrschaos und Staus durch zu viele Autos. Wie wollen Sie das ändern, welche künf tigen Maßnahmen sind hier wichtig und richtig? Eines unserer Leitthemen in der neuen Legislaturperiode ist es, den Öffentlichen Nahverkehr zu stärken – auf dem Land genauso wie in der Stadt. Rufbus-Angebote wie der Flexibus, den es im Landkreis Günzburg bereits gibt, können den regulären ÖPNV sinnvoll ergänzen. Solche Modelle werden wir weiter ausbauen und fördern. Trotzdem sind wir uns bewusst, dass die Straße der Verkehrsträger Nummer eins in Bayern ist. Deshalb investieren wir hier massiv. Am Ende müssen alle Verkehrsträger ineinander greifen. Wir investieren auf jeden Fall in alle Verkehrswege. In Luxemburg wurde der öffentliche Personennahverkehr für Berufspendler kostenfrei gestellt. Was sagen Sie dazu – wäre das für Deutschland nicht auch eine Alternative? Wir sehen uns das genau an. Einige Städte in Bayern haben Gratis- Modelle in der Adventszeit bereits ausprobiert. Die Staatsregie- rung will mit dem geplanten 365-Euro-Ticket für Schülerinnen, Schüler und Auszubildende einen ersten Schritt in diese Richtung gehen. Der ÖPNV muss attraktiver werden! Nur der Preis allein ist es auch nicht. Wir brauchen auch ein stimmiges Angebot und ausreichend Kapazitäten. Die Menschen sind immer aktiver – gerade im Alter will jeder fit sein. Das ist sicher auch ein Grund, dass das „E-Bike” einen großen Hype erlebt. Dazu brauchen wir auch ein gutes Rad wegenetz. Im Radverkehr liegt in der Tat ein gigantisches Potenzial. Und wer das Radwegnetz im Landkreis Günzburg ansieht, der kann sehen, dass hier in den letzten Jahren einiges geschaffen wurde. Bis 2025 wollen wir den Anteil des Fahrrads am Gesamtverkehr auf 20 Prozent steigern. Dazu entwerfen wir ein Radverkehrs- netz, das alle Städte und Gemeinden im Freistaat verbindet und das die Grundlage für spätere Baumaßnahmen sein wird. Jährlich investieren wir rund 40 Millionen Euro in den Bau von Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen. Ich persönlich habe das Gefühl, dass auch der Schwerlastver kehr immer mehr zunimmt. Warum ist die Verlagerung auf Schiene und Bahn bislang nicht erfolgt? Hier hat sich schon viel getan. Wir wollen jedoch noch mehr Ver- kehr auf die Schiene verlagern, das bleibt unser großes Ziel. Im deutschlandweiten Vergleich hat Bayern eines der leistungsfä- higsten Netze im Bereich der Umschlagbahnhöfe und Güterver- kehrszentren. Und wir erhöhen die Zahl der Umschlagterminals noch weiter. Doch der Warentransport auf der Schiene muss auch leistungsfähig und wirtschaftlich sein. Deshalb schaffen wir mit innovativen Konzepten weitere Anreize für einen Umstieg. Mit der Umschlagplatte NIKRASA beispielsweise wird es mög- lich, auch bislang nicht kranbare Sattelauflieger auf die Schiene zu verlagern. Und ein Stapelsystem für Sattelauflieger ist in den Terminals Gold wert, da sie oft unter Platzmangel leiden. Aber das alles klappt nur, wenn die DB auch ein gutes Schienennetz zur Verfügung stellt. Sie sind ja nicht nur Verkehrs-, sondern auch Bauminister. Was tun Sie, um den ländlichen Raum als attraktive Wohn- region zu erhalten? Mir ist wichtig, dass sich junge Familien in ihrer Heimat ein Zu- hause aufbauen können. Auch Senioren sollen sich eine ange- messene Wohnung leisten können. Wichtig ist dabei, dass das ganze Umfeld passt, und gerade auch unsere Ortskerne attraktiv sind. Wir unterstützen den Wohnungsbau und die Bildung von Wohneigentum deshalb mit verschiedenen Förderprogrammen von über 900 Millionen Euro jährlich. Gleichzeitig wollen wir die Attraktivität unserer Städte und Dörfer bewahren. Statt Bauen auf der grünen Wiese setzen wir auf Innenentwicklung! Dieses Thema packen wir mit der Städtebauförderung an: Wir helfen Gemeinden dabei, ihre Ortsmitten zu stärken und für ihre Bür- gerinnen und Bürger attraktiv zu gestalten. 375 Millionen Euro sind hier 2018 in den ländlichen Raum geflossen. Und mit diesem Geld können wir viel bewirken. Der Markt Ziemetshausen zum Beispiel, hat kürzlich für die Neugestaltung des Ortskerns einen Förderbescheid über 720.000 Euro erhalten. Zum Abschluss eine Bitte an Sie: Die EU Kommission will na tionale Sicherungssysteme für Sparguthaben in ein europäi sches System überführen. Die deutschen Banken wehren sich dagegen, weil bei uns seit Jahrzehnten Sicherungstöpfe an gelegt wurden, die andere Länder nicht haben. Zum Schutz der deutschen Sparer bitten wir Sie um Unterstützung bei der Forderung, dass andere Länder zuerst nationale Reservetöpfe aufbauen sollen. Hier kann ich Ihnen versichern: Die Bayerische Staatsregierung lehnt das Vorhaben der EU entschieden ab. Es kann nicht sein, dass deutsche Sparer für Risiken in anderen Ländern mithaften. Verantwortung und Risiko müssen in einer Hand liegen. Speziell die aktuellen Ereignisse in Italien sollten uns eine Mahnung sein.
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